Judith Malina
Pionierin des Politischen Theaters
Ein Beitrag von Karin Kaper & Dirk Szuszies für
>>Kulturmagazin
ARTE: metropolis 17.06.06 - 23.35
Anläßlich des 80. Geburtstages von Judith Malina
am 4. Juni 2006 wandeln die Autoren auf den weitverzweigten Spuren
dieser kosmopolitischen Nomadin und Gründerin des legendären
Living Theatre. Zu Ehren der aus New York anreisenden Judith Malina
veranstaltete die Akademie der Künste in Berlin am 8. Juni
eine besondere Geburtstagsgala. Diese Rückkehr an die Stätte
früherer skandalumwitterter Erfolge nutzen die Autoren für
aktuelle Filmaufnahmen und Interviews mit dieser schillernden
Persönlichkeit der Theater- und Zeitgeschichte, fügen
diesen in ihrem Beitrag faszinierendes Archivmaterial hinzu :
z. B. von den Maiunruhen 1968 in Paris, dem berüchtigten
Auftritt des Living Theatre mit „Paradise Now „ 1971
vor Tausenden von Zuschauern im Sportpalast Berlin, den Aktionen
der Gruppe beim G8 – Gipfel in Genua und in Khiam, dem ehemaligen
Strafgefangenenlager der israelischen Armee im Südlibanon.
Judith Malina, 1926 in Kiel als Tochter eines Rabbi geboren,
floh bereits früh mit ihren Eltern vor den Nazis nach New
York, wo sie bei Erwin Piscator Regie studierte und 1951 zusammen
mit dem 1985 verstorbenen Julian Beck das Living Theatre gründete
in der Hoffnung, mit ihrer Arbeit ein Zeichen zu setzen gegen
jede Form von Gewalt.
Mit sensationellen provokativen Stücken eroberte das Living
auch in Europa besonders in den 60igern und 70igern die Bühnen
und Straßen, heute gilt Judith Malina unbestritten als schillernde
Ikone des Welttheaters und der pazifistisch orientierten politischen
Widerstandsbewegung. Unverdrossen ist sie 55 Jahre lang ihrem
Ruf als Schreckgespenst des Establishments treu geblieben. Wenn
sie auch in früheren Jahren als Vaterlandsverräterin
, „Drecksjüdin“ und „Zigeunerin“
diffamiert und wegen angeblicher Gefährdung öffentlicher
Sicherheit mehrmals in verschiedenen Ländern verhaftet wurde,
so hat sich Judith Malina ihre ansteckende Vitalität und
charismatische Ausstrahlung bewahrt und entgegnet bösen Zungen,
die da behaupten, sie gehöre doch schon zum alten Eisen,
mit einem selbstironischen Lächeln:
„ I know, I am in a race with death, I know who will win
at the end, but in this moment I am winning !“
Mit der Verleihung des Ehrenpreises der Theater Hall of Fame
in New York 2004 und diversen Veranstaltungen zu ihrem 80. Geburtstag
wie der in der Akademie der Künste in Berlin wird dieser
rastlosen Pazifistin endlich die Anerkennung zuteil, die sie schon
längst verdient.