Karin Kaper & Dirk Szuszies                            ... a common passion for art, politics and stories which touch and move people…

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In Vorbereitung

Hart am Wind – Das Leben Walter Kaufmanns

Walter Kaufmann, Kosmopolit und Internationalist im buchstäblich wahrsten Sinne des Wortes, war seit 1957 Mitglied des Schriftsteller-Verbands der DDR. Er stand von 1985 bis 1993 als Generalsekretär dem PEN-Zentrum vor. Hochrangige Auszeichnungen wie der Fontane-Preis, der Heinrich-Mann-Preis oder der Ruhrgebiet-Literatur-Preis wurden ihm zugesprochen. Im Jahre 2007 gründete er mit weiteren Antifaschisten in Potsdam den Landesverband Brandenburg der VVN-BDA. Seit 1960 ist er mit der Malerin und Schauspielerin Angela Brunner verheiratet, die in vielen DEFA-Spielfilmen mitwirkte.

Im Sommer 2010 informierte uns Walter Kaufmann über die bevorstehende Veröffentlichung seines Buches „Im Fluß der Zeit“. Nach der Lektüre seines Werkes stand für uns der Entschluß fest, uns gemeinsam mit Walter Kaufmann an den Versuch zu wagen, seinen beeindruckenden Lebenslauf filmisch umzusetzen.

Walter Kaufmann heißt eigentlich Sally Jizchak Schmeidler, als er im Januar 1924 im Berliner Scheunenviertel in der Mulackstraße geboren wird, als unehelicher Sohn einer 17 Jahre jungen jüdischen Polin mit Namen Rachela Schmeidler, die sich mehr schlecht als recht als Verkäuferin durchs Leben schlägt. Die Mutter ist nicht in der Lage, ihren Sohn zu versorgen, gibt ihn zur Adoption frei. Die Familie, in die Walter Kaufmann mit drei Jahren hineinwächst, ist das genaue Gegenteil des Milieus, aus dem er stammt. Der Adoptivvater ist promovierter Jurist, angesehener Rechtsanwalt in Duisburg, alteingesessen und prominent. Ein liberaler Jude, dem es zufällt, die Jüdische Gemeinde in den Jahren der Verfolgung zu führen.

Duisburg ist also Mittelpunkt seines jungen Lebens, die Stadt ist wichtig für ihn geblieben: als Ausgangspunkt des Aufbruchs in die weite Welt, wenn dieser auch unfreiwillig begann. Die Adoptiveltern, Johanna und Martin Kaufmann, wurden nach Theresienstadt deportiert und später in Auschwitz ermordet. Dem 15 jährigen Walter gelingt noch mit einem der letzten Kindertransporte im Januar 1939 die Flucht nach London. Abgeholt werden sollte er von einem fernen Verwandten des Vaters, der tauchte nicht auf, so verbrachte er die erste Nacht in einem Obdachlosenheim, am nächsten Tag erschien der „Onkel“ und brachte den Jungen in ein Internat in der Nähe von Canterbury, nicht weit von London.

Das Internat war in Deutschland gegründet worden und emigrierte komplett bei Beginn der Nazizeit nach England. Walter Kaufmann fühlte sich gut aufgehoben, da nur englisch gesprochen werden durfte, lernte er die Sprache rasend schnell.

Plötzlich jedoch musste er diese Schule verlassen, weil Churchill ein Dekret erließ, dass alle über 16 Jahre alten Menschen deutscher Herkunft interniert werden. Andere wurden rasch aus dem Internierungslager entlassen, weil sich jemand für sie einsetzte oder bürgte, aber dieses Glück hatte Walter nicht. Er blieb interniert, bis ein Schiff namens Dunera eine entscheidende Rolle in seinem Leben spielen sollte. Walter glaubte, dass dieses Schiff nach Kanada oder Amerika auslaufen und er danach in Freiheit kommen würde, so meldete er sich freiwillig an Bord.

Es handelte sich allerdings um einen Gefangenentransporter, der mit 2000 Internierten beladen wurde. Eingepfercht wie die Heringe ging es nach Australien, wo das Schiff im September 1940 in Sydney anlegte. Von dort ging es immer weiter und weiter in Wüstencamps im Inneren des Landes. Nachdem klar war, dass der junge Walter kein Kriegsgefangener war, sondern ein Opfer der Umstände, wurde er gut behandelt, lernte weiter englisch. Im Februar 1942 wurde er entlassen, überlebte als Pfirsichpflücker. Dann wurde er als Flüchtling anerkannt, bekam einen australischen Paß, wurde Soldat der 8th Australian Employment Company.

Er leistete aber keinen Dienst mit der Waffe, sondern wurde in Arbeitsbataillonen eingesetzt. Er lernt Barbara kennen, die in der Armee im militärischen Nachrichtendienst tätig ist. Wegen ihrer Beziehung wird sie aus der Armee entlassen, sie gehen nach Melbourne, wo sie im Herbst 1944 heiraten. Er schreibt seine erste Geschichte auf englisch, erhält einen wichtigen Literaturpreis dafür. Die Erzählung heißt „Die einfachen Dinge“ und handelt von der Freundschaft eines jüdischen Jungen mit einem Arbeiterjungen in Duisburg. Diese endet mit den Pogromen, die das jüdische Elternhaus des Jungen zerstörte.

Diese Erzählung war der Beginn seiner schriftstellerischen Laufbahn, aus ihr entwickelte sich der Roman „Voices in the storm“, der die Handlung erweiterte mit dem antifaschistischen Widerstand von Arbeitern in Duisburg. Der Autor fand Quellen in Melbourne in der Bibliothek, wo Gestapoverhöre mit gefassten Gegnern Hitlers dokumentiert waren.

Er wird Mitglied der Realist Writers’ Group, lernt durch Lesungen den Gewerkschaftsführer der Seeleute kennen. Dieser vermittelt ihn als Decksmann auf einen Schleppkahn. Er fährt zur See, erlebt Südseeinseln, Fidschi und Tonga, Japan und rund um Australien legt er so gut wie in jedem Hafen an. Politisch fühlt er sich der kommunistischen Gewerkschaftsbewegung nah, er erlebt den Volksentscheid 1951, der das Verbot der KP verhindert.

Die Zeit auf See war enorm wertvoll für seine schriftstellerische Arbeit. 1956 wurde er von der Seaman’s Union Journal beauftragt, von den Weltfestspielen der Jugend in Warschau zu berichten. Er fieberte dieser Gelegenheit der Rückkehr nach Europa entgegen, da er es bereits bedauert hatte, bei Kriegsende den Dolmetscherposten in einer australischen Armeeeinheit in Deutschland abgelehnt zu haben. In Warschau erhielt er einen Literaturpreis, wurde daraufhin nach Moskau eingeladen, besuchte mehrere Städte in der Sowjetunion und schrieb die Reportage Soviet Caleidoskop für die linke australische Presse.

Danach nahm er teil am Schriftstellerkongreß in der DDR. Er lernte dort die große Anna Seghers kennen, auch Willi Bredel, Eduard Claudius, Ludwig Renn, Bodo Uhse und bekam das Angebot, in der DDR zu bleiben. Es war jedoch sein Wunsch, zunächst in Duisburg wieder Fuß zu fassen. Dort geriet er jedoch rasch an innere und äußere Grenzen, seine Befangenheit war groß, erinnerte er sich doch an die furchtbaren Ereignisse, die er in Duisburg erleben musste. Also ging er in die DDR, wo er mit offenen Armen aufgenommen wurde und wohin ihm seine Ehefrau Barbara folgte. Er war daraufhin bereit, Bürger der DDR zu werden und wollte seinen australischen Paß abgeben.Die Behörden rieten ihm jedoch davon ab, sie könnten jemand dringend brauchen, dem mit seinem australischen Paß das Tor zur Welt offen steht. Zum Beispiel fungierte er dann als Olympiaattaché in Melbourne, organisierte die Unterkünfte etc. Das wiederholte sich 1960 in Squaw Valley, wo Journalisten aus der DDR die Einreise verwehrt wurde und er auch als Berichterstatter arbeitete.

Als australischer Jude in der DDR war Walter Kaufmann ein echter Exot, er konnte reisen, wohin er wollte, und zurückkehren, wenn es ihm passte. Er fuhr auch wieder zur See, es entstanden nach langen Aufenthalten in den jeweiligen Ländern Bücher und große Reportagen: zum Beispiel aus Amerika, wo er sich in den 60iger Jahren intensiv mit der Freiheitsbewegung der Schwarzen auseinandersetzte und 1972 über den Prozeß gegen Angela Davis berichtete, aus Kuba, wohin er als Decksmann auf der „Karl-Marx-Stadt“ direkt nach der Invasion in der Schweinebucht gelangte und besonders auch aus Israel, der Konflikt zwischen Arabern und Juden erschüttert ihn. Fünfmal war er bis heute da, hat die Mauer in den Köpfen auf beiden Seiten kennengelernt und ist einmal nur knapp einem verheerenden Anschlag auf einen Bus entkommen.

Viele der Bücher Walter Kaufmanns konnten in der DDR in hohen Auflagen erscheinen. „Stimmen im Sturm“ aber wurde erst spät 1970 veröffentlicht wegen eines Handlungsstrangs, den er nicht ändern wollte. Eine Figur im Roman hält sich nicht an die konspirativen Regeln des Widerstands, bringt damit auch andere in Gefahr, das war den zuständigen Behörden in der DDR nicht genehm. Dafür erschien jedoch das Buch „Die Flucht“, das einen Arzt zum Thema hat, der von Ost-Berlin in den Westen flieht, zwar ohne jede öffentliche Besprechung und offiziell totgeschwiegen, aber es fand rasend schnell Verbreitung und erreichte eine Auflage von 100000.

Zusammen mit seiner zweiten Ehefrau Angela und den gemeinsamen Töchtern Rebecca und Deborah gehörte er in der DDR zu denen, die an eine friedliche Wende und an einen eigenen Weg des Landes glaubten. Der Fall der Mauer bedeutet für ihn, ein Stück Heimat verloren zu haben, aber auch das Gefühl der Genugtuung, dass viel Freiheit gewonnen worden sei. Nach der Wende indes verschwanden Kaufmanns Bücher aus den Regalen, ein Ost-Verlag nach dem anderen wurde eingestellt, die alten Bestände geschreddert.

Bewusst erinnert Walter Kaufmann in „Im Fluß der Zeit“ an Inge Keller, die anlässlich ihres 85. Geburtstages die Verse Volker Brauns vortrug: „Da bin ich noch, mein Land ging in den Westen, KRIEG DEN HÜTTEN, FRIEDE DEN PALÄSTEN. Ich selber habe ihm den Tritt versetzt. Es wirft sich weg und seine magre Zierde. Dem Winter folgt der Sommer der Begierde. Und ich kann bleiben, wo der Pfeffer wächst. Und unverständlich wird mein ganzer Text. Was ich niemals besaß; wird mir entrissen. Was ich nicht lebte, werd ich ewig missen. Die Hoffnung lag im Weg wie eine Falle. Mein Eigentum, jetzt habt ihrs auf der Kralle. Wann sag ich wieder mein und meine alle.“

In Walter Kaufmann und in seinem Werk verdichtet sich nicht nur eine deutsche, sondern auch eine Geschichte des aufrechten Gangs in verschiedenen Kontinenten in sehr persönlicher Weise

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